Manfred Stolpe und Jörg Vogelsänger in Neuenhagen Wer heute an Brandenburg denkt, hat das Gefühl, es habe dieses Land mit seinen 2,5 Millionen Einwohnern schon immer gegeben. Das war Anfang der Neunziger Jahre überhaupt nicht absehbar. Der Aufstieg von drei ehemailgen DDR-Bezirken zu einem wirtschaftlich erfolgreichen Bundesland ist eng mit dem Namen des ersten Ministerpräsidenten Manfred Stolpe verbunden. Lesen Sie seine kritische Anmerkungen aber auch sein Lob über Land und Leute. (Manfred Stolpe äußerte sich auf einer Veranstaltungen vor Bürgern in Neuenhagen. MdL-Kandidat und Brandenburgs Infrastruktur- und Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger (Wahlkreis 31) hatte geladen. Stolpe und Vogelsänger kennen sich seit Anfang der Neunziger Jahre.)
Brandenburg war Anfang der 90er Jahre?
Ein vergessenes Land, ein Gebilde aus den drei Bezirken Potsdam, Cottbus und Frankfurt/Oder. In der DDR wurde das historische Brandenburg als Kernland Preußens totgeschwiegen. Wir hatten es schwerer als Sachsen oder Thüringen.
Brandenburg ist heute?
Ein Land, das von den Bürgern als Heimat wahrgenommen wird. Das Lied vom „Roten Adler“ hat uns 1990 ein Stück Identität zurück gegeben. Es war ein Chor der Volkspolizei, der unsere „Hymne“ zum ersten Mal offiziell sang. Bei der Eröffnung einer Lufthansa-Halle wurde für den Schluss ein „Nationallied“ angekündigt. Es war der „Rote Adler“. Da wusste ich. Es ist unsere Hymne!
Was hat Sie in den letzten 25 Jahren am meisten beeindruckt?
Die Nacht von 9. November 1989. Wir mussten befürchten, dass an der Berliner Mauer geschossen wird. Am Checkpoint Charly war eine Eliteeinheit der Volksarmee stationiert. Keiner konnte vorhersagen, was passiert.
Für Brandenburg wünschen Sie sich?
Die Erfolgsgeschichte des Landes Brandenburg sollte weiter geschrieben werden. Über 100.000 Brandenburgerinnen und Brandenburger aber auch Zugewanderte haben seit den 90er Jahren die Selbständigkeit riskiert. Die meisten Industriekerne konnten erhalten werden. Bei den Genehmigungsverfahren diskutieren wir in Brandenburg etwas viel. In anderen Bundesländer geht es zum Beispiel für den Mittelstand deutlich schneller.
Vom Brandenburger wünschen Sie sich mehr?
Mehr Einmischung in die Politik. Eine Regierung muss nicht alles machen! Wir brauchen Menschen, die nicht nur an sich denken. Zum Glück haben wir mehr Ehrenamtliche Helfer als jedes andere Land!
Das Verhältnis von Berlin und Brandenburg ist?
Unbedingt ausbaubar. Langfristig sollten beide Bundesländer zusammenwachsen!
Von der heutigen Politik in Brandenburg wünschen Sie sich?
Weniger politische Rechthaberei! Ich vermisse gelegentlich eine Kultur der Zusammenarbeit. Im ersten Landtag von Brandenburg haben wir nicht auf parteipolitischen Streit gesetzt, sondern gemeinsam mit der Opposition Lösungen gesucht. So haben wir die Verfassung Brandenburgs gemeinsam erarbeitet. Viele in der alten BRD verstanden das nicht und beschimpften uns als „kleine DDR“. Dagegen stand das „Einheitslabor“. Das war wohl treffender, wie es der Buchautor Klaus Rost beschrieb.