1997: Jahrhundertflut an der Oder

Veröffentlicht am 15.07.2017 in Umwelt

Die Oder im Juni/Juli 2010: Nach heftigen Regentagen kommt es wieder zu großflächigen Überschwemmungen (Foto:Guhl)

Die große Flut an der Oder ist untrennbar mit dem Namen des Matthias Platzeck verbunden. Vor 20 Jahren koordinierte der damalige Umweltminister als "Deichgraf" den Kampf gegen das Hochwasser, dem zahlreiche marode Dämme nicht standhielten. Die Brandenburger kamen dabei glimpflich davon. Beim Nachbarn Polen brachen mehrere hundert Deiche und weite Teile Südpolens waren überflutet. Über 100 Menschen kamen dort aber auch in Tschechien ums Leben.

Seit dem Jahr 1997 sind fast 600 Millionen Euro im ganzen Land Brandenburg in den Schutz vor Hochwasser geflossen. Im Land gibt es unter anderem 1522 Kilometer Deiche, 516 Wehre und Staue, 32 Hochwasserschöpfwerke sowie 2335 Pegel und Messstationen. Brandenburgs Umweltminister Vogelsänger hat Anfang 2017 neue Deichbauten und Verbesserungen im Hochwasserschutz für die kommenden fünf Jahre vorgestellt. Gut 420 Millionen Euro aus EU-, Bundes- und Landesmitteln stehen für den Ausbau von Deichen, Poldern und Schöpfwerken für Oder und Elbe bereit.

Was löste die Flut von 1997 überhaupt aus?

Das Tiefdruckgebiet „Zolska“ bringt Anfang Juli 1997 in den tschechischen und polnischen Gebirgsregionen sintflutartige Niederschläge mit. Es kommt zu weiträumigen, verheerenden Überschwemmungen in Tschechien und Polen. Bis zu 586 Liter Regen pro Quadratmeter fallen über dem Atlasgebirge. (Durchschnittliche Niederschlagsmenge in Mitteleuropa 500 bis 600 Liter pro Jahr).

Solche Wetterlagen, hier vom Typ Vb (Fünf b), sind in in den Sommermonaten Mitteleuropa nichts Ungewöhnliches. Das Magdalenenhochwasser vom Juli 1342 löste in ganz Mitteleuropa eine verheerende Überschwemmungskatastrophe aus. Das haben Meteorologen und Historiker anhand von Chroniken rekonstruiert. Ganze Ortschaften verschwanden. Die Verwüstungen sind als archäologische und geologische Spuren für den Fachmann noch heute zu erkennen. Es folgten Hungerkatastrophen und Pestseuchen in den folgenden Jahrhunderten.

Die Oder wird überflutet

Am 8. Juli 1997 gibt das Landesumweltamt Brandenburg eine Hochwasserwarnung für den gesamten Grenzabschnitt der Oder heraus. Das Hochwassermeldezentrum im Landesumweltamt ruft am 14. Juli für alle vier betroffenen Landkreise und die Stadt Frankfurt (Oder) die Alarmstufe I aus.

Einen Tag später, am 15. Juli, werden im Raum Schwedt die Polder an der Oder auf deutscher Seite geflutet. Die Flut erreicht Brandenburg am 17. Juli Ratzdorf, am Zusammenfluss von Oder und Neiße. Der Pegel steht mit 6,20 Meter fast 3,5 Meter über den langjährigen Sommerwerten. Die niedrigsten Deichstrecken werden vorsorglich mit Sandsäcken erhöht.

Der zweite Regen

Wieder schüttet es aus Kübeln. Die Niederschläge lösen vom 18. bis 21. Juli im oberen Einzugsgebiet der Oder eine zweite Hochwasserwelle aus. Die Wassermassen weichen die Deiche auf. Der Wasserdruck steigt auf sechs Tonnen je Quadratmeter. Neben hunderten von Sickerstellen gibt zwölf große Brüche. Am Deich des Oder-Spree-Kanals in Eisenhüttenstadt kommt es zu Rissen der Deichkrone. Ausgedehnte Böschungen rutschen ab. Mit Sandsäcken und Faschinen verhindern Sicherheitskräfte einen vollständigen Deichbruch. Die Bewohner von Aurith und der Ernst-Thälmann-Siedlung müssen ihre Häuser verlassen. Im Oderbruch wird das Vieh in Sicherheit gebracht.

Bei Brieskow-Finkenheerd brechen die Deiche

Am 23. Juli 1997 hält bei Brieskow-Finkenheerd der Damm dem Wasser nicht mehr stand. Der Deichfuß bricht auf einer Breite von anfangs 70 Meter. Die Deichlücke kann mit Sandsäcken und Betonteilen, die aus Hubschraubern abgelassen werden, nicht mehr geschlossen werden.

Die Höhenunterschiede zwischen Oder und der Ziltendorfer Niederung beschleunigen die Wassermassen. Die Bruchstelle erweitert auf über 200 Meter. Die Niederung läuft von unten her voll. Die Gefahr droht, dass der Fluchtweg für die Verteidiger der Deiche abgeschnitten wird. Sie ziehen sich zurück,

Nur einen Tag später bricht etwa neun Kilometer stromaufwärts der Deich bei Aurith. Die Überflutung der Ziltendorfer Niederung ist nicht mehr aufzuhalten. Weitere Evakuierungen folgen. Bis zum 17. August 1997 strömt Wasser der Oder durch die Bruchstelle in die 5.500 Hektar große Ziltendorfer Niederung. Aus dieser Region wurden bereits seit dem 22. Juli 1997 2.800 Menschen evakuiert. Der Pegel erreicht in Ratzdorf mit 6,88 Meter einen neuen Höchststand. Eine weitere befürchtete Flutwelle bleibt jedoch aus.

Frankfurt meldet am 27. Juli 1997 mit einem Pegel von 6,57 Metern einen neuen Rekord. Der schützende Sandsackdamm hält ist jedoch nur wenige Zentimeter höher. Öltanks laufen in der Ziltendorfer Senke aus. Soldaten der Bundeswehr stabilisieren einen rückwärtigen Ruhedeich an der alten Oder. Den Menschen des südlichen Oderbruchs stehen ebenfalls kurz vor der Evakuierung. Einen Tag kommen gute Nachrichten aus Ratzdorf: der 800 Meter lange Zusatzdeich ist fertig.

Hohenwutzen: Der Deich hält

Am 30. und 31.Juli scheint das Schicksal des Oderbruchs besiegelt. Im nördlichen Oderbruch müssen 6.500 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Die Chance, dass der Deich bei Hohenwutzen am Deichkilometer 70,4 bis 70,5 nicht bricht, liegt bei gerade einmal zehn Prozent. Die Böschung des Deiches ist durch zwei Brüche zusammengestürzt. Auf 150 Meter Läge entstehen 6 bis 7 Meter tiefe und 25 Meter breite Löcher. 

Freiwillige, Ehrenamtliche von den Feuerwehren, dem Katastrophenschutz und anderen Organisationen sichern im Dauereinsatz die Deiche.  Hier in Hohenwutzen kann kann er gehalten gehalten werden. Ununterbrochen bringen Hubschrauber tausende Sandsäcke zu den Soldaten, die diese Säcke in der Bruchstelle aufschichten. Von der Wasserseite wird der Deich von Tauchern mit Folien abgedeckt. Mit der erstmals in der Deichverteidigung angewandten Vakuumtechnik wird Wasser aus dem völlig durchnässten Deich gezogen. Das "Wunder von Hohenwutzen" steht für die erfolgreiche Deichverteidigung.

Das große Aufräumen

Der Hochwasseralarm endet Mitte August. Jetzt beginnt das Landesumweltamt Brandenburg den Wiederaufbau der zerstörten Deichabschnitte und die Instandsetzung der am stärksten beschädigten Deiche vorzubereiten. Noch im September 1997 wird an zwölf Deichbauvorhaben entlang des 170 Kilometer langen Brandenburger Oderabschnitts und an einigen Nebengewässern mit den Bauarbeiten begonnen. Neben den aufgeweichten Deichen machen zahlreiche Munitionsfunde aus dem zweiten Weltkrieg den Beteiligten zu schaffen.

Die Kosten des Hochwassers

Die Regierungskommission Oder-Programm listete Ende September 1997 alle Schäden und Aufwendungen der großen Flut auf: Der Gesamtschaden addierte sich danach auf über 317.545.000 Euro. Stand 2012

Das große Reparieren

  • die Bruchstellen am Hauptdeich bei Brieskow-Finkenheerd und bei Aurith,

  • drei Bruchstellen am Seedeich Brieskow-Finkenheerd,

  • mehrere Baustellen in der Ziltendorfer- und in der Neuzeller Niederung,

  • der Kanaldeich Eisenhüttenstadt, 

  • die Oderbruch-Baustellen Neuranft, Hohenwutzen, Zollbrücke und Reitwein,

  • der Querdeich Stützkow, 

  • der Lunow-Stolper Polder, 

  • die Sommerdeiche im Polder A/B.

Die nächsten Pläne gegen künftige Fluten

Die Politik hat aus den Ereignissen gelernt. Die Maßnahmen von Bund, Ländern, Landkreisen und Kommunen gegen das Hochwasser greifen. Die Flut des Jahres 2013 bewies die Dämme halten und die Rückhaltebecken wenden größeren Schaden ab. Die nächsten Maßnahmen: In Mühlberg soll der Elbhauptdeich saniert, die Innenstadt von Frankfurt (Oder) besser vor drohender Überflutung geschützt werden. Schwerpunkt bleiben die Flusslandschaften Elbe und Oder. Dringenden Handlungsbedarf gibt es aber auch bei der Schwarzen Elster. „Der Hochwasserschutz im Land ist und bleibt eine Jahrhundertaufgabe für viele Generationen“, so Jörg Vogelsänger. „Wir müssen den Menschen Sicherheit geben“.

 
 

Für Sie vor Ort

Bürgerbüro NEUENHAGEN
Sprechzeiten
Dienstag    14:00 - 18:00 Uhr
Mittwoch   14:00 - 18:00 Uhr
Freitag          9:00 - 12:00 Uhr

Ernst-Thälmann-Straße 32A
15366 Neuenhagen bei Berlin
Telefon 03342/ 212 446
E-Mail wk(at)joergvogelsaenger.de

Bürgerbüro ERKNER
Sprechzeiten
Montag          13:00 - 16:00 Uhr
Mittwoch       09:00 - 12:00 Uhr
Donnerstag   13:00 - 16:00 Uhr
Friedrichstraße 22a

15537 Erkner
Telefon 03342/ 212 446
E-Mail wk(at)joergvogelsaenger.de

Bitte verabreden Sie einen Termin mit dem
Landtagsabgeordneten Jörg Vogelsänger

Ihr Bundestagsabgeordneter

Mathias
Papendieck

Wo ist was los?

Alle Termine öffnen.

25.04.2024, 10:00 Uhr - 20:00 Uhr Plenum des Brandenburger Landtages

26.04.2024, 10:00 Uhr - 16:00 Uhr Plenum des Brandenburger Landtages

26.04.2024, 17:00 Uhr - 21:00 Uhr Maibock-Anstich
Der Braugasthof Woltersdorf lädt zum Mainbock-Anstich

Alle Termine

Nachrichten

25.04.2024 07:25 Präsentation der Europawahl-Kampagne mit Katarina Barley und Kevin Kühnert
Die Spitzenkandidatin Katarina Barley stellt gemeinsam mit Generalsekretär Kevin Kühnert die Europawahl-Kampagne der SPD vor. Neben den inhaltlichen Schwerpunkten stehen die Plakatmotive im Fokus der Kampagnenpräsentation. Die Präsentation findet statt am Donnerstag, den 25. April 2024 ab 14:30 Uhr Sei Live dabei: https://www.youtube.com/watch?v=RKixH1Am-GA

24.04.2024 16:26 Landwirtschaft in der EU: Kein Ausverkauf von Umweltschutz
Das EU-Parlament hat heute mehrheitlich dem Kommissionsvorschlag zugestimmt, Umweltmindeststandards in der Gemeinsamen Agrarpolitik erheblich abzuschwächen. Das hat auch auf die deutsche Agrarlandschaft einen unmittelbaren Einfluss. „Die konservativen und rechtsextremen Parteien im EU-Parlament haben heute im Hauruckverfahren wesentliche Umweltaspekte der Gemeinsamen Agrarpolitik aufgeweicht, für deren Etablierung es jahrzehntelange parlamentarische Prozesse und Folgeabschätzungen gebraucht hatte. Seit Jahresbeginn… Landwirtschaft in der EU: Kein Ausverkauf von Umweltschutz weiterlesen

17.04.2024 18:16 Rolf Mützenich zur China-Reise des Bundeskanzlers
China-Reise des Bundeskanzlers: Wichtige Impulse für eine gemeinsame Diplomatie Rolf Mützenich, Fraktionsvorsitzender: Erneut hat ein direktes Gespräch des Bundeskanzlers mit Präsident Xi wichtige Impulse für eine gemeinsame Diplomatie im Krieg in der Ukraine geben können. Nicht umsonst ist die Reise des Bundeskanzlers vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj sehr positiv bewertet worden. „Erneut hat ein direktes Gespräch… Rolf Mützenich zur China-Reise des Bundeskanzlers weiterlesen

16.04.2024 15:10 Bernd Westphal im Podcast zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland
“Wir werden nicht das Streichkonzert im sozialen Bereich machen. Ganz im Gegenteil” In der aktuellen Folge des Podcasts „Lage der Fraktion“ ist Bernd Westphal zu Gast, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion. Er erklärt, warum die wirtschaftliche Lage besser ist, als viele sagen; dass die Kritik der Wirtschaftsverbände an der Bundesregierung unangemessen ist, und, wieso die… Bernd Westphal im Podcast zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland weiterlesen

15.04.2024 15:11 Statement der stellvertretenden Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen zur Einigung beim Klimaschutzgesetz
Einigung beim Klimaschutzgesetz und Solarpaket Die Regierungsfraktionen haben sich in den parlamentarischen Beratungen beim Klimaschutzgesetz und Solarpaket geeinigt. Matthias Miersch, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion: „Endlich der Durchbruch: Wir integrieren europäische Regelungen in das Klimaschutzgesetz und stellen damit mehr Verbindlichkeit her. Selbstverständlich gelten die CO2-Minderungsziele des gültigen Gesetzes gleichzeitig weiter. Durch die Novelle darf kein Gramm… Statement der stellvertretenden Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen zur Einigung beim Klimaschutzgesetz weiterlesen

Ein Service von info.websozis.de