In der seltsamen Mischung von Demos gegen Corona und die entsprechenden Auflagen waren neben Aluhüten vermehrt Flaggen zu sehen, die Großvater und Urgroßvater in den Tod getrieben hatten. Die Kriegsflaggen aus der Nazizeit und dem Kaiserreich sollen Protest für Ereignisse in der demokratischen Gegenwart symbolisieren. Die Standarten von unbedingtem Gehorsam und Unterdrückung als Zeichen von Ungehorsam gegen den Rechtsstaat. Kruder geht es wohl kaum. Das Land Brandenburg will jetzt die rechtlichen Grundlagen schaffen, bundeseinheitlich das Zeigen der untergegangenen Kriegsflaggen zu verbieten. Denn diese und deren Verfremdungen sind nichts anderes als „Ersatz“ für das Verbot von Naziflaggen und -symbolen.
„Die Reichskriegsflagge, aber auch die Reichsflagge sind seit Jahren Symbole nationalsozialistischer Anschauungen und/oder von Menschenfeindlichkeit.“ So der Antrag der Landtagsfraktionen*. Das Mitführen dieser Flaggen und ihre Verwendung in der Öffentlichkeit stelle in vielen Fällen eine nachhaltige Beeinträchtigung der Voraussetzungen für ein geordnetes staatsbürgerliches Zusammenleben und damit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar.
„Mehrere Obergerichte haben in der Vergangenheit entschieden, dass eine Sanktionierung des öffentlichen Zeigens von Reichskriegsflaggen als eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung nach § 118 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) möglich ist, wenn aufgrund der Gesamtumstände eine Unterstützung von nationalistischen Positionen angenommen werden muss, die die Öffentlichkeit belästigen.“
Kriegsflaggen bereits verboten
Das Verbot gilt bereits für das Zeigen oder Verwenden auf privatem Grund: Wenn dadurch eine Wirkung für die Öffentlichkeit erkennbar entfaltet werden solle und werde.
Seit dem Jahr 2002 ist im Land Brandenburg nach einem Erlass des Innenministeriums das Führen, Zeigen und Verwenden der Kriegsflaggen in der Öffentlichkeit zu unterbinden und die Flagge sicher zu stellen. Dieser Erlass ist am 10. Juni 2014 erneuert worden.
Seit einiger Zeit gibt es verschiedene Initiativen in dieser Richtung, so unter anderem in Bremen, Nordrhein-Westfalen oder Bayern. Gleichwohl sollte eine bundeseinheitliche Verfahrensweise erreicht werden.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf
1. Sich kurzfristig im Rahmen der Bundesinnenministerkonferenz im Dezember dafür einzusetzen, dass das Zeigen oder Verwenden bundesweit einheitlich unterbunden wird:
- Kriegsflagge des Norddeutschen Bundes/Deutschen Reiches (1867 bis 1921)
- Kriegsflagge des Deutschen Reiches - Weimarer Republik (1922 bis 1933), siehe Abbildung rechts
- Kriegsflagge des (Dritten) Deutschen Reiches (1933 bis 1935)
- Reichsflagge ab 1892 bis 1919 / Flagge des „Dritten Reichs" (1933 bis 1945)
Das Zeigen der letztgenannten Reichsflagge ab 1892 soll dann verboten werden, wenn eine konkrete Provokation im Einzelfall besteht.
2. Sofern es zu keiner bundeseinheitlichen Regelung kommt, soll die Thematik im Ausschuss für Inneres und Kommunales weiterführend beraten werden. Zielstellung ist es, eine für Brandenburg anwendbare und rechtssichere Verfahrensweise für alle aufgeführten Flaggen zu schaffen.
Begründung
Die Fahnen des Kaiserreichs gelten schon lange als Erkennungszeichen für Rechtsextreme, Reichsbürger und andere Demokratiegegner. Diese werden immer wieder in der Öffentlichkeit als Ersatz für verbotene Symbole wie beispielsweise der Hakenkreuzfahne gezeigt.
Die Ereignisse am Rande der Corona-Leugner-Demonstration in Berlin haben noch einmal deutlich gemacht, dass diese Fahnen Symbol des Kampfes gegen unsere Demokratie sind.
Das Bundesland Bremen ist mit einem Verbot dieser Fahnen einen wichtigen Schritt im Kampf gegen rechtsextreme Provokationen in der Öffentlichkeit gegangen. Das Land Brandenburg sollte dem Beispiel von Bremen folgen und sich deshalb auf der Bundesebene, gegebenenfalls auf der kommenden Innenministerkonferenz dafür einsetzen, dass das Zeigen dieser Fahnen in der Öffentlichkeit bundesweit einheitlich verboten wird. Wer eine solche Fahne trägt,stellt damit seine antidemokratische Gesinnung offen zur Schau.
*Antrag Drucksache 7/2117, SPD-Fraktion, CDU-Fraktion, Fraktion DIE LINKE, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und BVB / FREIE WÄHLER Fraktion