Brandenburgs Umweltminister Jörg Vogelsänger wird am kommenden Montag (16. Juli 2018) den fertiggestellten 2. Bauabschnitt zum Hochwasserschutz im Industriegebiet Süd in Wittenberge übergeben. Ein weiterer wichtiger Baustein im ehrgeizigen Programm, die Brandenburger für viele Jahre vor einem gefürchteten Jahrhunderthochwasser zu schützen. Eine (aktualisierte) Übersicht bis zum Jahre 2025:
Für einen besseren Hochwasserschutz sorgt in Wittenberge ab sofort eine rund 400 Meter lange Spundwand. Sie ist auf einen Pegelstand von 7,99 Meter ausgelegt und schützt so das Industriegebiet Süd in Wittenberge gegen ein Jahrhundert-Hochwasser.
Minister Vogelsänger wird den letzten Bauabschnitt übergeben, der rund 1,1 Millionen Euro kostete. Die feierliche Übergabe der Hochwasserschutzanlage wird im Beisein von Torsten Uhe, Landrat des Landkreises Prignitz, sowie dem Bürgermeister der Stadt Wittenberge Dr. Oliver Hermann erfolgen.
Bauausführende Unternehmen waren die Eggers Umwelttechnik GmbH aus Wittenberge und die Johann Heidorn GmbH & Co. KG aus Hamburg. Auftraggeber war das Landesamt für Umwelt.
Die einzelnen Bauabschnitte
Das Wittenberger Industriegebiet Süd und die hier angesiedelten Branchen liegen im Rückstaubereich der Stepenitz. Während des Sommerhochwasser 2013 musste auf etwa 1.350 Metern Länge ein Notdeich errichtet werden.
Der Startschuss für den Hochwasserschutz im Bereich des Industriegebiets Süd fiel bereits 2012. Im 1. Bauabschnitt wurde eine Hochwasserschutzwand in Stahlbetonbauweise auf einer Länge von rund 820 Metern zwischen der Hafenspitze bis zum Anleger 3 errichtet. Im Jahr 2015 wurde im 3. Bauabschnitt eine 150 Meter lange Lücke in Spundwandbauweise geschlossen.
Seit Beginn der Bauarbeiten im 2. Bauabschnitt im November 2017 wurden knapp 300 Tonnen Stahlspundwandbohlen auf einer Länge von 400 Metern gerammt. Die Höhe der Spundwand reicht einen Meter über den Bemessungshochwasserstand von 7,99 Meter am Pegel Wittenberge. Damit ist das Industriegebiet Süd nun vollständig gegen ein 100-jährliches Hochwasser gesichert. Insgesamt investierte das Land rund 6,1 Millionen Euro in den Schutz des Industriegebiets in Wittenberge.
Die Durchquerung verschiedener Rohr- und Kabelleitungen entlang der Trasse stellten die Baufirmen technologisch vor große Herausforderungen. Mit dem Einbau von Ton-Plomben erfolgte die Abdichtung der Spundwand in kritischen Bereichen. Darüber hinaus war eine beeinträchtigungsfreie Einbindung und Querung des parallel verlaufenden Zufahrtgleises der Industrie- und Hafenbahn zu beachten. An zwei Stellen queren Gleise die Hochwasserschutzanlage. Insgesamt wurden 4 Scharten eingebaut, die im Hochwasserfall mit mobilen Hochwasserschutz-Elementen verschlossen werden können.
Die gesetzlich geforderten Ersatzpflanzungen für den Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft werden im Stadtgebiet Wittenberge ihren Platz finden.
Bilanz: 20 Jahre Hochwasserschutz in Brandenburg
Das Land Brandenburg hat seit der großen Oderflut im Jahre 1997 über 658 Millionen Euro in den Hochwasserschutz investiert. In den Ausbau oder Neubau von mehr als 267 Kilometern Deiche gingen rund 489 Millionen Euro. Rund 22 Millionen Euro flossen in das vorsorgende, landesweite Hochwasserrisikomanagement. „Durch diese Investitionen in den Hochwasserschutz wird Brandenburg in Zukunft deutlich besser geschützt sein als in der Vergangenheit“, so Umweltminister Jörg Vogelsänger im Landtag.
Oder
An der Oder sind von den zu erweiternden oder neu zu bauenden 185 Deichkilometern von September 1997 bis Ende 2017 bereits 159,7 Kilometer erneuert worden. Das kostete knapp 293 Millionen Euro. Außerdem: Insgesamt 39 Hochwasserschutzbauwerke entlang der Oder sind umgebaut oder erneuert.
Elbe
Am Elbehauptdeich mit seinen 99 Kilometern sind in den vergangenen 20 Jahren knapp 82 Kilometer erhöht und erweitert worden. Die Elbdeicherweiterung kostete knapp 150 Millionen Euro. Darüber hinaus wurden zwölf Hochwasserschutzbauwerke an der Elbe erneuert.
Flussgebiete Havel, Schwarze Elster, Lausitzer Neiße und Spree
In den vergangenen 20 Jahren sind an den Nebenflüssen der großen Ströme in Brandenburg insgesamt 35,63 Kilometer Deiche erweitert oder neu gebaut worden. Investitionen: mehr als 46 Millionen Euro. 36 Hochwasserschutzbauwerke sind für 64 Millionen Euro erneuert.
Aktuelle und künftige Schwerpunkte
Die Ortslagen an der Schwarzen Elster sollen zukünftig gegen ein für alle 100 Jahre prognostiziertes Hochwasser (HQ 100) geschützt werden. Die ersten Planfeststellungsverfahren für Herzberg, Bad Liebenwerda und Elsterwerda beginnen in diesem und im kommenden Jahr. Für den Hochwasserschutz im Ortsrand läuft bereits das Genehmigungsverfahren. Zur Umsetzung der Planungen wird zurzeit mit einem Investitionsvolumen von knapp 100 Millionen Euro gerechnet.
An der Schwarzen Elster können in den kommenden Jahren Synergieeffekte zwischen der Neutrassierung einiger Deichabschnitte und dem Bau von Ortsumgehungen der Bundesstraße B 169 genutzt werden.
Mit dem regionalen Maßnahmenplan zum Hochwasserrisikomanagement der Spree wurden auch für den Bereich Spremberg-Cantdorf konzeptionelle Planungen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes erarbeitet. Im nächsten Schritt werden mit einer Machbarkeitsstudie bis Anfang 2020 geeignete Maßnahmen ausgewählt und umgesetzt.
Mit finanzieller Unterstützung aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung wird der innerstädtische Hochwasserschutz (Hochwasserschutzwände) in Wittenberge und Frankfurt (Oder) in den nächsten Jahren für insgesamt etwa 6 Millionen Euro verbessert.
Die Deicherneuerung an Elbe- und Oder-Hauptdeichen wird in den nächsten Jahren zum Abschluss gebracht. Das Deichbauvorhaben Breese an der Elbe (Prignitz) wird voraussichtlich 2020 beendet werden. Mit dem Ausbau der Kreisstraße mit Hochwasserschutzfunktion als letzten Bauabschnitt der Gesamtmaßnahme Breese wird noch in diesem Jahr begonnen. Im Elbeabschnitt im Süden Brandenburgs sollen die Planungs- und Bauarbeiten für den Hochwasserschutz der Stadt Mühlberg bis 2025 umgesetzt sein.
An den Oder-Hauptdeichen sollen die Bauarbeiten an den Deichen der Neuzeller Niederung im Jahr 2020 beendet werden. Vier weitere Deichabschnitte bei Schwedt und Stützkow will das Land bis 2024 ertüchtigen.
Nach dem Extremhochwasser 2013 wurde von Bund und Ländern ein Paradigmenwechsel im Hochwasserschutz vollzogen. Neben der weiteren Ertüchtigung der Deiche wird den Flüssen durch zusätzliche Flächen zum Hochwasserrückhalt mehr Raum gegeben.
Mit diesem Ziel wurde das Nationale Hochwasserschutzprogramm (NHWSP) verabschiedet. Brandenburg ist mit folgenden Projekten dabei: zwei Polderprojekte zum Hochwasserrückhalt an der Elbe bei Wittenberge (Lenzer Wische und Karthanepolder), zwei Polder an der Oder (Neuzeller und Ziltendorfer Niederung), das Projekt Hochwasserrückhalt in Tagebaurestseen in Verbindung mit Deichrückverlegungen entlang der Schwarzen Elster, zwei Projekte zur Optimierung der Havelpolder und des Havelstauregimes für den Hochwasserrückhalt. Diese Vorhaben sind nach dem Prinzip "Oberlieger schützt Unterlieger" mit überregionaler Wirkung konzipiert.
Dafür ist eine länderübergreifende Zusammenarbeit erforderlich, wobei Brandenburg mit der Federführung für die Polderprojekte in der Lenzer Wische und an der unteren Havel bundesweit eine Vorreiterrolle übernommen hat. Aus den Mitteln des NHWSP will das Land neue Flutungspolder mit einem geschätzten Rückhaltevolumen von rund 276 Millionen Kubikmeter schaffen und mehrere tausend Hektar Rückhaltefläche in der Flussaue der Schwarzen Elster wiedergewinnen.