
Zur politischen Korrektheit des 19. Jahrhunderts gehörte es, dass Untertanen ihren Herrschern huldigten. Folgerichtig erhielten Bahnhöfe, auf denen Kaiser, Könige und Fürsten Einzug hielten, den Titel der Herrschenden als Auszeichnung. So wurde aus dem Bahnhof Hoppegarten flugs der Kaiserbahnhof. Der Hohenzollern Monarch hatte allen Grund da hin zu fahren. Die gleichnamige Pferderennbahn hatte 1868 ihre Pforten eröffnet. Und dieser Sport war dem edlen Geblüt der Hohenzollern würdig. Fußball gab es übrigens noch nicht! Auch keine Autos.
Kaiserbahnhof - Historisch ist das wiederum nicht nicht ganz korrekt. Wilhelm Friedrich Ludwig von Preußen war Anno 1869 noch König von Preußen, Kaiser nennen durfte er sich (übrigens höchst widerwillig) erst ab 1871, nachdem ihn Otto von Bismarck zum Herrscher des (ersten) Deutschen Reiches quasi befördert hatte. Das macht aber nichts. Laut Wikipedia gibt es zahlreiche Kaiser- , Königs- und Fürstenbahnhöfe in der heutigen Bundesrepublik, etliche in Brandenburg, dem Rest von Preußen.
Nun hat auch Hoppegarten seinen Kaiserbahnhof wieder und gute Demokraten haben am Wochenende das frisch renovierte Gebäude, wenn auch nicht als Bahnstation, seiner neuen Bestimmung übergeben. Den Kaiser hätt´s übrigens nicht sonderlich erfreut, der fühlte sich von Gott berufen, wie seine gesamte Verwandtschaft bzw. sein Nachfolger Wilhelm 2 auch. Im Kaierrreich herrschte Armut, regierte Unterdrückung. Die üblen Sozialistengesetze aus dieser Zeit sprechen Bände.
Das mit der guten Zeit gilt sowieso nur partiell. Das Lebensgefühl von einst passt erst recht nicht ins 21. Jahrhundert. Abgesehen von dem frisch renovierten Gebäude, sollten wir aber eines lernen: Innerhalb von 50 Jahren gelang es Ingenieuren, Arbeitern und Beamten der unterschiedlichen Fürstentümern Deutschland mit einem Streckennetz der Eisenbahn zu überziehen, das heute noch deutlich erkennbar ist und genutzt wird. Diesen Mut zu solch einem Unternehmen Bahn zu bauen, wünschte man sich heute (dringend). Geht zwischendurch: siehe Tesla, Grünheide...
Freuen wir uns also über das ockerfarbene Konstrukt am Bahnhof Hoppegarten, das vor dem Abriss bewahrt, jetzt endgültig aus seinem Dornröschenschlaf entrissen ist. Dem Gebäude drohte – nach der Wende - nämlich jahrelang das Aus. Der Denkmalschutz bewahrte es allerdings vor der Abrissbirne.
Die Gemeindevertretung Hoppegarten beschloss erst nach heftiger Diskussion im Jahre 2013 , dass das Gebäude saniert werden sollte. Der Durchbruch kam mit der internationalen Gartenausstellung in Berlin Marzahn. Die Gemeinde Hoppegarten wurde Kooperationspartner und konnte zu Zeiten von Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger das Projekt mit 1,1 Millionen Euro EU-Mittel aus der ländlichen Entwicklung fördern. Die Kosten von 2,2 Millionen Euro trugen je zur Hälfte das EU-Förderprogramm LEADER und die Gemeinde Hoppegarten.
Die Gleise bleiben demontiert. Das Empfangsgebäude dient erst einmal als Tourismus-Info mit Regionalladen samt Toilette. Eine Gaststätte wäre noch möglich. Gute Zeiten. (gu/jv)