Frage: Wie sieht das Gesundheitsministerium die Entwicklung/Gefahren der Corona-Pandemie in Verbindung mit einer Influenzawelle? Wie hoch werden die Gefahren dieser neuen Pandemie-Situationen eingeschätzt?
Mit der zunehmenden Immunisierung der Bevölkerung (durch Infektionen oder Impfung) durch SARS-CoV-2 und den abnehmenden nicht-pharmakologischen Maßnahmen bzw. der nachlassenden Akzeptanz in der Bevölkerung aufgrund einer veränderten Risikowahrnehmung von COVID-19 ist die Zunahme der Zirkulation weiterer Atemwegsviren u. a. auch von Influenzaviren im Herbst Winter 2022/23 wahrscheinlich. Die Wahrscheinlichkeit einer zunehmenden Ko-Zirkulation von Influenzaviren und SARS-CoV-2 ist auch deshalb höher als in den beiden Vorsaisons, weil es in Deutschland in der Saison 2020/21 keine und in der Saison 2021/22 nur eine sehr kurze, sehr milde Grippewelle gab, sodass inzwischen mehr Menschen für eine Influenzainfektion empfänglich sein dürften als in den vorpandemischen Saisons, in denen sich Jahr für Jahr viele Menschen während der jährlichen Grippewelle infizierten. Das genaue Ausmaß und die Schwere der Atemwegsinfektionen in der Saison 2022/23 lassen sich nicht detailliert voraussagen.
Die Situation wird genau beobachtet: In der erregerübergreifenden syndromischen Surveillance (Überwachung, die Red.) wird eine Zunahme von akuten Atemwegserkrankungen zeitnah erkannt; diese kann dann mit der virologischen Surveillance den verursachenden Viren zugeordnet werden. Die Ergebnisse werden durch das Robert Koch-Institut (RKI) zusammengestellt und unter https://influenza.rki.de/ der Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt. In den wöchentlichen ARE-Berichten des RKI, die auf dieser Webseite abgerufen werden können, wird nicht nur die Lage in Deutschland bewertet, sondern auch die Situation in Europa und weltweit.
Frage: Welche Empfehlungen werden gegeben?
Die Empfehlungen zum infektionsvermeidenden Verhalten, die für COVID-19 gelten, helfen genauso gut gegen Influenzainfektionen, dazu gehören u. a.:
1. Grundsätzlich sollten Personen mit Symptomen, die auf eine akute Atemwegsinfektion hinweisen wie Fieber, Husten, Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit, Kratzen im Hals, zu Hause bleiben und besonders den Kontakt zu Personen mit einem höheren Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf (Ältere, Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder chronischen Vorerkrankungen) meiden. Diese Empfehlung gilt möglichst bis 48 Stunden nach Abklingen der Symptome.
2. Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim RKI sowohl bzgl. der COVID-19 Impfung und der Influenzaimpfung sollten befolgt werden.
3. AHA+L-Regel: Abstand, Händehygiene, Alltagsmaske und Lüften.
4. Sowohl bei COVID-19, als auch bei Influenza stehen antivirale Arzneimittel zur Verfügung, zu denen sich insbesondere Menschen mit erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf mit ihrer Hausärztin/ihrem Hausarzt beraten lassen sollten.
Frage: Gibt es Vorstellungen über eine Kombination von Corona- und Influenza-Impfungen?
Die Impfungen gegen COVID-19 und Influenza können gemäß STIKO-Empfehlung gleichzeitig (simultan) erfolgen. Die Injektion soll dabei in der Regel an unterschiedlichen Gliedmaßen erfolgen.
Bei einer gleichzeitigen Anwendung ist zu beachten, dass Impfreaktionen häufiger als bei der getrennten Gabe auftreten können. Die STIKO und das Robert Koch-Institut haben hierzu Hinweise bekannt gemacht, vgl. https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/FAQ01.html
Bürgerinnen und Bürger, die beide Impfungen gleichzeitig erhalten möchten, sollten sich hierzu mit Ihrem Arzt oder Apotheker besprechen.
Frage: Wie könnte eine weitere medikamentöse Behandlung aussehen?
Informationen zu Therapieoptionen bei COVID-19 und Influenza und deren leitlinienkonformer Anwendung finden Sie z.B. in den Stellungnahmen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF).
Über das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wurden im Rahmen der COVID-19-Pandemie verschiedene aktuell bereits zugelassene und aussichtsreiche nicht zugelassene Arzneimittel auf der Grundlage der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV) beschafft und bereitgestellt (https://www.rki.de/covid-19-arzneimittelbevorratung).
Bei der Anwendung der zentral beschafften Arzneimittel sind die durch die zuständigen Bundesoberbehörden bereitgestellten Informationen und Informationsblätter für Fachkreise und Patientinnen und Patienten bzw. Produktinformationstexte zu beachten (www.pei.de/coronavirus-biomedizinische-arzneimittel; https://www.bfarm.de/covid-19-arzneimittel.html).
Frage: Kommt es zu Einschränkungen in Europa bzw. Deutschland bei der Versorgung?
Das Bundesministerium für Gesundheit hat ausreichend Impfstoffe gegen COVID-19 und Therapeutika zur Versorgung der Bevölkerung beschafft. Versorgungsprobleme sind insoweit nicht zu erwarten.
Bei der Versorgung mit Grippeimpfstoffen ist zu beachten, dass diese produktionsbedingt von den Herstellern nur schrittweise in den Markt gegeben werden können. Insoweit kann es in Einzelfällen zu kurzfristigen Wartezeiten kommen, wenn die Nachfrage das gerade vorhandene Angebot übersteigt. Insgesamt stehen jedoch ausreichend Grippeimpfstoffe zur Verfügung. Alle Impfwilligen können sich daher auch gegen Grippe impfen lassen. Etwaige Lieferengpässe sind nicht bekannt.