Die Jungen suchen sich einen Arbeitsplatz in der Stadt oder wollen studieren. Senioren zieht es in den Speckgürtel von Berlin. Sie wollen näher an ihr Einkaufszentrum und die medizinische Versorgung. Noch lebt das Gros der Brandenburger auf dem Land. Doch in den letzten Jahren ist die Einwohnerzahl in ländlichen Regionen gesunken. Zeit, das Dorfleben attraktiver zu gestalten.
Genug Anlass für das Brandenburger Ministerium für den Ländlichen Raum unter Jörg Vogelsänger mittel- und langfristige Strategien zu entwickeln, wie die Politik der der Landflucht begegnen will. Zur Ausgangssituation: Gegenwärtig wohnen noch mehr als 60 Prozent der 2,5 Millionen Einwohner Brandenburgs wohnen auf dem Land. Niedrige Geburtenraten und Wegzug lassen die Bevölkerung in den Berlin-fernen Dörfern und Gemeinden bis 2040 um rund 22 Prozent schrumpfen. Ganze Dörfer und Ortsteile könnten verschwinden. Brandenburg steht mit der Entwicklung nicht allein: In Deutschland „verschwinden“ jedes Jahr mehr als 100.000 Bewohner (Das ist eine Großstadt). Wenn man Geburten, Sterbefälle und Zuzüge samt Auswanderungen zusammenrechnet.
Leere Dörfer überall
Schon in den 90er Jahren zeichneten Experten düstere Aussichten vom Leben auf dem Lande. Entvölkerte Dörfer mit holprigen Feldwegen als Zugang, ohne zentrale Wasserversorgung oder Strom wären die Zukunft Brandenburgs. Die wenigen (alten) Einwohner müssten sich auf Brunnen und Generatoren verlassen. Reine Fantasien sind diese Bilder kaum: Verödete Dörfer in den mediterranen Ländern sind Wirklichkeit. Gleichzeitig sind sie auch „kleiner“ Lichtblick. Dort kommen nämlich die "verstädterten" Enkel zurück, sanieren die Häuser ihrer Großeltern. Nutzen sie als heimatliche Rückbesinnung und für den Urlaub.
Den Trend stoppen
Brandenburgs Landesregierung will die Lebensqualität in den ländlichen Gebieten weiter erhöhen und sieht sich dabei auf einem guten Weg, wie der Minister für den Ländlichen Raum dem Potsdamer Landtag mitteilte. Das Ausbluten der stadtfernen Regionen soll zumindest aufgehalten werden. Grund genug gibt es dafür: Das Leben auf dem Lande bietet seinen Bewohner reichlich Platz in der Natur, entspannteres Wohnen im Grünen, weniger Hektik und vieles mehr. Dagegen sprechen fehlende Arbeitsplätze und schwierige Versorgung.
Die wirtschaftliche Basis in Dörfern und Gemeinden soll deshalb systematisch gefördert werden. Eine flächendeckende Landwirtschaft, Urlaub auf dem Lande als Wirtschaftszweig, eine funktionierende Gesundheitswirtschaft und der Einsatz von regionalen, erneuerbaren Energien heißen die Schwerpunkte. Eine im Jahre 2015 gegründete Enquete-Kommission 6/1 soll dem Parlament bis 2018 deshalb ein Konzept für eine zukunftsorientierte Entwicklung der ländlichen Regionen vorlegen.
EU-Fördergelder für Landwirtschaft und Landleben
Schon heute wird viel getan: Während der siebenjährigen Förderperiode stehen Brandenburg heute bis zum Jahre 2020 rund 2,26 Milliarden Euro aus verschiedenen EU-Programmen für die Entwicklung der ländlichen Regionen bereit. Größter Fördertopf: das vom Land kofinanzierte Agrarprogramm ELER, das rund 965 Millionen Euro umfasst. Damit werden Vorhaben in Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Naturschutz unterstützt. Dazu werden lokale Entwicklungen in 14 Regionen (LAG) über das Programm Leader mit rund 50 Mio. Euro gefördert.
Belebung der Arbeitsmärkte
Bis Oktober des vergangenen Jahres konnten bereits 362 Vorhaben durch EU-Gelder unterstützt werden, mit einem Investitionsvolumen von rund 95 Millionen Euro. Dies habe erheblich zur Belebung der regionalen Arbeitsmärkte beigetragen, so das Vogelsänger-Ministerium.
Junge Brandenburger sollen bleiben
Ein spezielles Landesprogramm zielt darauf, das Leben und die Arbeit in den Dörfern insbesondere für junge Menschen attraktiver zu machen. Ziel sei es, „Haltefaktoren“ bei jungen Menschen zu stärken und weiteren Abwanderungen zu begegnen.
Mehr Mitsprache in der Kommunalpolitik
Diskutiert wird unter anderem, die Bürgerbeteiligung und die kommunale Selbstverwaltung auszuweiten. Ortsvorsteher in den Gemeindevertretungen sollten mehr Rechten erhalten. So ein Ansatz. Für ihre Selbstverwaltungsaufgaben könnten Dörfer künftig über eigene Budgets verfügen.