Der Zankapfel „doppelte Staatsangehörigkeit“ wird immer hervorgekramt, wenn sich Konservative gegenüber sozialdemokratischer Politik abgrenzen möchten. Letztere setzen auf die Integration von Menschen, die längst in Deutschland angekommen sind. Das konservative Lager träumt von einer „deutschen Bevölkerung“, die es so nie gegeben hat. Aber beginnen wir von vorne.
Wer ist überhaupt Deutscher?
Deutscher ist geht es um Herkunft oder Abstammung: Durch Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil zu dieser Zeit Deutscher ist.
Eine ab dem 1. Januar 1975 ehelich geborene Person erwarb die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, nicht eheliche Kinder werden auch berücksichtigt.
Doch lesen wir im Grundgesetz Art 116 weiter:
(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.
Kurz gesagt: Ehemalige DDR-Bürger hatten deshalb immer Anspruch auf die Staatsbürgerschaft der Bundesrepublik ebenso Ungarndeutsche, Siebenbürger Sachsen, Russlanddeutsche...
Wie sieht es in anderen Ländern aus?
In Staaten wie Frankreich oder die USA gilt der Geburtsort eines Kindes als Grundlage der Staatsangehörigkeit. Ganz grob gesagt. Ein Kind, das in Paris zur Welt kommt ist Franzose, gleichgültig wo Mutter oder Vater herkommen. Gleiches gilt für die Kinder illegaler mexikanischer Einwanderer in die USA. Sie sind US-Bürger...
Was ist die doppelte Staatsangehörigkeit?
Wer zwei (legale) Pässe sein eigen nennt, hat zwei Staatsangehörigkeiten. Bürger der Europäischen Union dürfen besitzen grundsätzlich, wenn beide Länder der Staatengemeinschaft angehören. Es wird also unter Umständen heikel, wenn ein Land aussteigt. Der Brexit hätte unter Umständen also ganz persönliche Konsequenzen. Im Zweifelsfall gelten die Regelungen zwischen der Bundesrepublik und dem Staat, der einen zweiten Pass ausgestellt hat.
Was ist Optionspflicht?
Vor allem Kinder und Jugendliche sind davon betroffen. Die sogenannte Optionspflicht bezeichnet die Pflicht von Personen, die im Besitz einer deutschen sowie einer ausländischen Staatsangehörigkeit sind, sich für eine der beiden entscheiden zu müssen.
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Die neue Regelung hilft über 500.000 Jugendlichen, die nicht mehr gezwungen werden, sich entscheiden zu müssen.
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Jedes Jahr werden von dieser Regelung 35.000 bis 40.000 Kinder profitieren.
Wen betrifft die Diskussion um die doppelte Staatsangehörigkeit?
Zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2012 kamen in Deutschland rund neun Millionen Kinder auf die Welt. 460.000 dieser Kinder „erwarben“ die deutsche Staatsangehörigkeit, obwohl ihre Eltern Ausländer waren. Nach bisherigem Recht mussten diese Kinder sich spätestens mit Vollendung des 23. Lebensjahres für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entschieden haben, sonst verloren sie die deutsche Staatsangehörigkeit.
Seit wann gilt die aktuelle Regelung?
Von der seit Ende 2014 geltenden Neuregelung sind auch Kinder ausländischer Eltern berührt, die zwischen 1990 und 2000 in Deutschland geboren wurden. Im Rahmen einer Übergangsregelung konnten sie auf Antrag die deutsche Staatsangehörigkeit nachträglich erwerben. Hiervon machten knapp 50.000 Kinder Gebrauch. Zusammengenommen gibt es in Deutschland damit rund eine halbe Million Kinder, die einen deutschen Pass beantragen könnten.
Worum geht’s in der Diskussion Doppelpass?
Die CDU will in regelmäßigen Abständen die mit der SPD getroffene Regelung zum Doppelpass wieder rückgängig machen. Kinder ausländischer Eltern, die mit Geburt in Deutschland neben der deutschen auch die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern bekommen haben, dürfen seit Ende 2014 beide Pässe behalten. Sie werden nicht mehr gezwungen, sich gegen die deutsche oder gegen die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern zu entscheiden. Das betrifft heute schon rund 500.000 Kinder, also etwas weniger ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland.
Als hier aufgewachsen gilt,
oder
Es gibt auch eine Härtefallklausel
Alle jungen Frauen und Männer, die diese Voraussetzungen erfüllen, sind und bleiben Deutsche. Ihre Mehrstaatlichkeit wird akzeptiert. Und für besonders gelagerte Fälle wird es eine gerechte Lösung geben können. Dafür sorgt die zusätzliche Härtefallklausel. Konkret bedeutet das:
Ohne viel Bürokratie soll geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die doppelte Staatsbürgerschaft erfüllt sind. Falls kein Antrag der betroffenen Person vorliegt, prüft die Behörde nach dem 21. Geburtstag die Voraussetzungen von Amts wegen. Dazu werden die zur Verfügung stehenden Daten genutzt. In nahezu 90 Prozent der Fälle wird die Prüfung ohne Mithilfe durchführbar sein. Wenn die Behörden anhand ihrer Informationen nicht weiterkommen, werden die jungen Frauen und Männer aufgefordert, bei der Klärung mitzuhelfen.
Quellen:
wikipedia: Deutsche Staatsanhörigkeit
BMI: Wer darf weitere Staatsangehörigkeiten besitzen?
SPD und Doppelpass