Menschen in Deutschland bewerten Multi-Kulti positiver als es insgesamt wahrgenommen wird. Die Einschränkung: vor allem, wo kulturelle Vielfalt im Alltag erlebt wird. Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) hat zum zweiten Mal fast 9.300 Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zum Stand der Integration befragt.
Mit vorschnellen Urteilen lebt es sich (manchmal) leichter. Verhaftungen von kriminellen Asylanten und rechte Hetzjagden auf Flüchtlinge bleiben wie fast alle negativen Nachrichten länger im Gedächtnis haften als der gewohnte Alltag. Hinzu kommt: Je weiter der Bürger vom Problemfall entfernt lebt, desto leichter fällt der Umgang mit Vorurteilen (d.Red.)
So ist auch ein Ergebnis der Umfrage zu verstehen: Menschen im Osten Deutschlands bewerten das Zusammenleben skeptischer als der Westen (Das gilt auch für die Metropolregion Berlin). Das lässt sich vor allem mit geringerem Kontakt zu Zugewanderten erklären. Ein niedriger Bildungsstand und/oder Diskriminierungserfahrungen führen eher zu einer negativen Einschätzung. Insgesamt kommen Frauen zu einem positiveren Urteil als Männer. Gegenüber Flüchtlingen ist die Haltung der Bevölkerung differenziert: Die Mehrheit will weiter Flüchtlinge aufnehmen, aber ihren Zuzug begrenzen.
Vergleicht man die aktuellen Ergebnisse mit denen des SVR-Integrationsbarometers vom Jahre 2016, so fällt auf: Damals wie heute überwiegt ein positives Bild vom Zusammenleben in Deutschland. Das gilt insbesondere für diejenigen, die kulturelle Vielfalt im Alltag erleben: Sie bewerten das Integrationsklima unverändert positiv.
Eine geringfügige Verschlechterung gegenüber dem Integrationsbarometer 2016 zeigt sich bei Menschen ohne Migrationshintergrund und Zuwanderern und Zuwanderinnen aus EU-Mitgliedstaaten. Türkeistämmige sind dagegen nach wie vor am skeptischsten von allen Zuwanderergruppen, aber etwas positiver als noch vor zwei Jahren.
Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz: „Das Integrationsbarometer zeigt weiter stabil hohe Werte an. Das ist ein gutes Zeichen. Die Einstellungen in der Bevölkerung sind besonders positiv, wo direkte Kontakte in der Nachbarschaft, im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz bestehen. Genau deshalb ist es so wichtig, Gelegenheiten und Orte der Begegnung und des guten Zusammenlebens zu schaffen.“
Das SVR-Integrationsbarometer ermittelt regelmäßig, wie die Bevölkerung das Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft in den vier Teilbereichen Arbeit, Bildung, soziale Beziehungen und Nachbarschaft bewertet. Das Integrationsbarometer greift außerdem wechselnde Aspekte der Debatten um Integration und Migration auf.
In diesem Jahr enthält es etwa Fragen zur Flüchtlingsaufnahme. „Angesichts der medialen Debatten mag es überraschen, dass es keinen Trend gibt, Flüchtlinge als Gefahr für den Wohlstand zu sehen“, so Prof. Dr. Thomas Bauer, Vorsitzender des SVR. „Die Mehrheit der Befragten mit und ohne Migrationshintergrund ist weiterhin bereit, Flüchtlinge aufzunehmen – befürwortet aber gleichzeitig Maßnahmen, um den Zuzug zu begrenzen. Interessant ist zudem, dass in ländlichen Kommunen und im Süden Deutschlands hinsichtlich der Arbeit der Kommunen bei der Verteilung und Unterbringung größere Zufriedenheit herrscht als in Stadtstaaten.“
Hintergrund Integrationsbarometer
Für das Integrationsbarometer 2018 wurden zwischen Juli 2017 und Januar 2018 insgesamt 9.298 Personen bundesweit telefonisch über Mobil- und Festnetznummern befragt. Davon waren 2.720 Personen ohne Migrationshintergrund, 1.438 Spät-/Aussiedler, 1.479 Türkeistämmige, 1.532 Zuwanderinnen und Zuwanderer aus einem EU-Land und 1.760 Personen mit einem Migrationshintergrund aus der „übrigen Welt“. Durch Gewichtungen wurden die Befragtengruppen den Verhältnissen in der Bevölkerung angepasst. Da das Studiendesign des Integrationsbarometers 2015/2016 und 2018 das gleiche war, bilden die beiden nun die erste bundesweit repräsentative Zeitreihe einer Integrationsklimaaufzeichnung.