Nach Hartz IV: Bürgergeld kommt

Veröffentlicht am 26.07.2022 in Bundespolitik

Kaum ein Begriff lastet auf der Sozialdemokratie wie "Hartz IV". "Wir brauchen eine Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik auf der Höhe der Zeit, die den massiven Änderungen in der Arbeitswelt Rechnung trägt. Mit dem Bürgergeld lassen wir Hartz IV endlich hinter uns und setzen die größte Sozialreform seit 20 Jahren um", so der Anspruch der Ampelkoalition. Nun soll ein Gesetz für ein Bürgergeld die Grundsicherung von Menschen in Deutschland regeln. Die Ziele sind anspruchsvoll. Lesen Sie die Vorlage aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Original!

Bürgergeld-Gesetz - Überblick über die Regelungen

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) mit der Einführung eines Bürgergeldes und dazugehöriger Änderungen zu er­neuern. Mit dem Bürgergeld-Gesetz wird das SGB II für die mehr als 5 Mio. Leistungsberechtigten in 405 Jobcentern auf die Höhe der Zeit gebracht und für ca. 74 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neue Rahmenbedingungen für ihre Arbeit geschaffen.

Ziel ist, mehr Respekt und mehr soziale Sicherheit in einer modernen Arbeitswelt zu verankern und unnötige Bürokratie abzubauen. So sollen Vertrauen und der Umgang auf Augenhöhe stärker in den Fokus rücken. Gleichzeitig soll die Leistung jedes Einzelnen mehr Anerkennung finden.

  • Hierzu gehört, dass niemand, der in den Bürgergeldbezug eintritt, sich in den ersten zwei Jahren Sorgen um das Ersparte oder die Wohnung machen muss.
  • Menschen im Bürgergeldbezug soll es möglich sein, sich stärker auf Weiterbildung und die Arbeitssuche zu konzentrieren.
  • Die Unterstützungs- und Förderleistungen werden erweitert, damit sie besser zu den strukturellen Herausforderungen am Arbeitsmarkt - Digitalisierung und demographischer Wandel - passen.

Den Menschen sollen soziale Teilhabe, lang­fristige Perspektiven und neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnet werden. Darüber hinaus sollen die Grundsicherungssysteme resilient (widerstandfähig, ausgestaltet und die Regelbedarfe neu bemessen werden. So sichert der Sozialstaat die Menschen auch in Krisenzeiten verlässlich ab.

Mehr Sicherheit und mehr Respekt für Lebensleistung

• Karenzzeiten für Wohnen und Vermögen werden eingeführt und damit die guten Erfahrungen aus der Zeit der Corona-Pandemie dauerhaft gesetzlich verankert. In den ersten beiden Jahren des Bürgergeldbezuges werden Leistungen gewährt, wenn kein erhebliches Vermögen vorhanden ist (erheblich: 60 000 Euro für die leistungsberechtigte Person/ 30 000 Euro für jede weitere Person in der Bedarfsge­meinschaft). Zudem werden in diesem Zeitraum die Aufwendungen für die Wohnung in tatsächlicher Höhe anerkannt.

• Das Schonvermögen wird erhöht und dessen Überprüfung entbürokratisiert und vereinfacht: u. a. Wegfall der Angemessenheitsprüfung für das Kraftfahrzeug, Verbes­serungen bei der Altersvorsorge und bei einer selbstbewohnten Immobilie, höherer Freibetrag von 15 000 Euro pro Person in der Bedarfsgemeinschaft.

• Junge Menschen sollen erfahren, dass sich Arbeit lohnt und daher werden die Freibeträge für Einkommen aus Schüler- und Studentenjobs sowie für Auszubildende auf 520 Euro erhöht.

• Das ehrenamtliche Engagement wird gestärkt und gefördert. Die Bürgergeld­berechtigten können von ihren Aufwandsentschädigungen mehr behalten, indem die Regelung aus dem Steuerrecht ins SGB II übernommen wird. Die Freistellung für ehrenamtliche Tätigkeiten wird von monatlicher auf kalenderjährliche Berücksichtigung umgestellt.

Neues Miteinander und neues Vertrauen

Der Eingliederungsprozess wird basierend auf den Prinzipien Vertrauen und Augenhöhe weiterentwickelt:

◦ Die Angebote und Unterstützungsleistungen werden in einem Kooperationsplan gemeinsam mit den Bürgergeldbeziehenden festgehalten. Der Kooperationsplan dient als „roter Faden“ im Beratungs- und Vermittlungsprozess und macht die dort verabredeten Schritte transparent. Zur Lösung von Streitigkeiten über den Kooperationsplan wird ein Schlichtungsmechanismus eingeführt.

◦ Für alle Bürgergeldbeziehenden gilt eine sechsmonatige Vertrauenszeit, in der Leistungsminderungen bei Pflichtverletzungen ausgeschlossen sind. Darauf folgt eine Vertrauenszeit ohne feste Mindestdauer. Gegenseitiges Vertrauen ist damit der Grundmodus des Miteinanders.

◦ Nur bei Verletzungen des Vertrauens nach Ablauf der sechsmonatigen Vertrauenszeit soll das Jobcenter in einem Verwaltungsakt Mitwirkungspflichten (Eigenbemühungen, Maßnahmezuweisungen, Bewerbung auf Vermittlungsvorschläge) verbindlich festlegen. Zugleich besteht die Möglichkeit, nach einer Zeit von drei Monaten, in der diese Mitwirkungspflichten wieder eingehalten wurden, zur Vertrauenszeit zurückzukehren und in ein erneutes kooperatives Miteinander zu kommen.

◦ Das persönliche Gespräch und die direkte Kommunikation zwischen Jobcenter und Bürgergeldbeziehenden ist die Basis für den Eingliederungsprozess und das Vertrauen. Daher können Termine im Jobcenter von Anfang an grundsätzlich verpflichtend bleiben, sind aber auch flexibel formlos möglich.

• Es wird ein neues Regelinstrument zur ganzheitlichen Betreuung (Coaching) geschaffen. Das Coaching verfolgt das Ziel eines grundlegenden Aufbaus der Beschäftigungsfähigkeit von Bürgergeldbeziehenden, die aufgrund von komplexen Problemlagen eine besondere Marktferne aufweisen. Das Coaching kann auch aufsuchend oder beschäftigungsbegleitend erfolgen.

• Die Leistungsminderungen werden neu geregelt und damit die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts gesetzlich umgesetzt. Es wird u. a. gesetzlich verankert, dass Jugendliche keine höheren Leistungsminderungen befürchten müssen und Minderungen in die Kosten der Unterkunft ausgeschlossen sind.

Neue Chancen auf Arbeit durch Qualifizierung

Die Abschaffung des Vermittlungsvorrangs sorgt dafür, dass Ausbildung und berufsabschlussbezogene Weiterbildung vor einem Aushilfsjob möglich wird und somit langfristige Perspektiven und nachhaltigere Arbeitsaufnahmen. Die Möglichkeiten und Anreize für Weiterbildung werden weiterentwickelt:

◦ Menschen erhalten die Zeit zum Lernen, die sie brauchen. Der Erwerb eines Berufsabschlusses ist bei Bedarf künftig auch in drei statt in zwei Jahren möglich.

◦ Der Erwerb von arbeitsmarktbezogenen Grundkompetenzen (z. B. Lese-, Mathe, IT-Fertigkeiten) wird erleichtert.

◦ Die Weiterbildungsprämie für das Bestehen berufsabschlussbezogener Weiterbildungen wird entfristet und ein zusätzliches monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro bei berufsabschlussbezogenen Wei­terbildungen eingeführt.
        ◦ Für die Teilnahme an Maßnahmen, die für eine nachhaltige Integration besonders wichtig sind, erhalten Bürgergeldberechtigte einen monatlichen Bürgergeldbonus von 75 Euro.
    • Verbesserung des Arbeitslosenversicherungsschutzes für mehr Zeit für die qualifikationsgerechte Eingliederung im SGB III: Menschen, die an einer Weiterbildung teilnehmen, haben nach deren Ende mindestens Anspruch auf drei Monate Arbeitslosengeld.

• Der Soziale Arbeitsmarkt wird entfristet. Damit wird soziale Teilhabe für sehr ar­beitsmarktferne Menschen durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ermöglicht.

• Die Handlungsmaximen der Antidiskriminierung werden ins SGB II aufgenommen und die Sonderregelung für Ältere (§ 53a Absatz 2) aufgehoben. Damit werden die Potenziale älterer erwerbsfähiger Leistungsberechtigter besser sichtbar. Zudem wird die Pflicht zur vorgezogene Inanspruchnahme von Altersrenten abgeschafft.

Mehr Bürgerfreundlichkeit und weniger Bürokratie

• Eine Bagatellgrenze in Höhe von 50 Euro für Rückforderungen wird geschaffen. Die Jobcenter wer­den nicht mehr mit der Rückforderung von Kleinstbeträgen aufgehalten und die Bürgergeldberechtigten vor einer Vielzahl von Bescheiden geschützt.

• Die Abmeldung beim Jobcenter im Falle des Aufenthalts außerhalb des Wohnortes (Ortsabwesenheit) wird an die moderne Lebensführung angepasst.

• Die Leistungen für Familien werden verbessert, Mutterschaftsgeld wird von der Einkommensberücksichtigung vollständig ausgenommen. Dies führt zu einer sinnvollen Familienförderung und zu einer Verwaltungsvereinfachung bei hilfebedürftigen Familien.

• Vereinfachung von Leistungen für Rehabilitandinnen und Rehabilitanden: Bürgergeldbeziehende, die an einer medizinischen Rehabilitation teilnehmen, erhalten währenddessen kein Übergangsgeld mehr, sondern fortlaufend Bürgergeld.

• Einführung der digitalen Antragsstellung.

Neubemessung der Regelbedarfe

    • Die Regelungen zur Erhöhung der Regelbedarfe zum 1. Januar 2023 werden im Bürgergeld-Gesetz ergänzt, sobald die hierfür notwendigen Berechnungen abgeschlossen sind.

 
 

 

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