E-Werk in Haslach: Läuft seit 86 Jahren Stromgewinnung und -verteilung scheint manchmal ein gar kompliziert Ding. Wenn man sich allerdings anschaut, wie alles begann, scheint es doch einfacher als gedacht. Auch wenn heute alles ein paar Nummern größer und vor allem komplexer ist. Ein paar Dinge sollten wir auch in die Zukunft herüber retten. Hajo Guhl hat hingeschaut und fotografiert.
In der Gluthitze des Sommers 2018 gehörte ein schattiges Plätzchen zu den begehrten Dingen des Lebens. So der Pfad (Panoramawanderweg), der im Mühlviertel vom Ort Oberkappel an die rund vier Kilometer entfernte Talsperre der Ranna führt. Es ist eine Trimm-Dich-Strecke. Bei offiziellen 35 Grad im Schatten locken Anfang August allenfalls die verschiedenen Holztröge mit kalten Quellwasser zur Kneippkur für Arme und Füße. Am Zanklbach, ein erfrischendes Rinnsaal, findet der Wanderer zwei Schilder. Sie berichten von Aumühlen, Sägemühlen und E-Werken.
In den Zwanziger Jahren errichtet, lieferten sie Ortschaften und Höfen Strom. Gleichstrom mit 110 Volt oder schon Wechselstrom. Eines läuft immer noch. Zwölf Kilowatt (KW) Leistung. Die Turbine stammt aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Der Strom geht ins Netz. Vom E-Werk Finsling
(220 Volt Gleichstrom) zeugen noch ein paar Fundamente (Bild rechts).
Inzwischen sind also fast 100 Jahre vergangen, als die wohlhabenden Bauern im recht armen Mühlviertel der jungen Republik Österreich sich in ihre Höfe Strom legen ließen. Die alten Petrolfunzeln hatten ausgedient. Motoren lieferten für die diverse stationäre Maschinen Antrieb. Es muss eine kleine Revolution gewesen sein. Ein echter Fortschritt für die Landwirtschaft.
In der Nähe liefert ein Bach ebenfalls noch heute Strom (55 KW, 400 Volt Drehstrom). Der Osterbach. Das Prinzip: Ein Teil des Wassers wird umgeleitet, liefert über einen separaten Kanal seine Energie ab und fließt dann im Bach weiter. Und das seit über 50 Jahren. Das Prinzip lebt. Zum Beispiel in Südwestdeutschland, in der badischen Gemeinde Müllheim/Staufen. Das Wasserkraftwerk kann normalerweise 400 Haushalte mit Strom versorgen, gegenwärtig ist es wegen Niedrigwasser abgeschaltet.
Zurück ins Mühlviertel weiter nach Haslach zur Alten Ölmühle. Seit 650 Jahren wird in dem alten Gemäuer unterhalb des Ortes Leinöl hergestellt. Dazu auch Mohnöl und Hanföl. Ohne berauschenden Inhalt, wie der Mühlen-Eigner betont.
Auch hier dreht sich immer noch ein Stromgenerator aus den Dreißigern. Die Höhendifferenz beträgt gerade einmal 2,50 Meter. Ausgelegt ist er für eine Maximalleistung von 30 KW. Liefert selbst bei Niedrigwasser noch vier KW. Für das große Gebäude samt der Ölmühlen reicht das nicht. Aber immerhin.
In der Region von Mühlviertel, Böhmer- und Bayerischem Wald liegen Industriegeschichte und sagen wir einmal Hinweise auf künftige Lösungen für den Umgang mit Energie eng beieinander.
Die Glasmanufaktur in Böhmen war einst berühmt. Sie fraß aber regelrecht die dichten Wälder kahl mit ihrem unstillbarem Hunger auf Holzkohle und Pottasche. Es war der hochmoderne Schwemmkanal der Schwarzenberger, der Ende des 18. Jahrhunderts Brennholz nach Wien lieferte.
Dann machte eine Pferdebahn mit Schienen Konkurrenz, schließlich die Dampflok mit ihrer Steinkohle. Schließlich wanderte die energiehungrige Glasindustrie ab. Das Mühlviertel war auch eine Region von Webern. Zuerst an den Webstühlen auf den armseligen Höfen, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Fabriken wie der Haslacher Textilweberei. Das Geld dafür kam damals übrigens aus Norditalien und der Schweiz.
Auch die kleinen Stromlieferanten im Mühlviertel wären in den späten Fünfziger Jahren gänzlich verschwunden. Im Nachkriegsösterreich haben damals Ingenieure einen Verbund von Wasserkraftwerken geschaffen, die die kleinen Generatoren überflüssig machen sollten. Doch einige liefern noch heute unverdrossen Wechselstrom. Geht doch! Auch für die eigene Region überdenkenswert.