Als Reaktion auf die verheerende Flutkatastrophe des Jahres 2013 wurde von Bund und Ländern das Nationale Hochwasserschutzprogramm (NHWSP) initiiert. Als eines der Brandenburger NHWSP-Projekte ist in der Lenzener Wische im Landkreis Prignitz die Einrichtung eines Flutungspolders vorgesehen.
Anfrage des Abgeordneten Holger Rupprecht, Fraktion der SPD
Welchen Nutzen sieht die Landesregierung in der Einrichtung eines Flutungspolders in der Lenzener Wische und wie ist die Finanzierung einschließlich der Entschädigung für die Landwirte sowie die Umsetzung des Projektes geplant?
Antwort von Jörg Vogelsänger
Mit dem am 24. Oktober 2014 beschlossenen Nationalen Hochwasserschutzprogramm (NHWSP) verfolgt die Umweltministerkonferenz das Ziel, die Umsetzung überregional wirksamer Hochwasserschutzmaßnahmen zu ermöglichen oder zu beschleunigen. Vorrangig geht es dabei um die Gewinnung zusätzlicher Rückhalteräume durch Deichrückverlegungen und die Einrichtung von Flutungspoldern.
Statt immer wieder in aufwändige Schadensbeseitigungen zu investieren, sollen umfangreiche Bundes- und Landesmittel eingesetzt werden, um Hochwasserfolgen durch vorbeugende Maßnahmen zu verringern.
Im NHWSP sind vom Land Brandenburg insgesamt acht Maßnahmen des Hochwasserrückhalts angemeldet und zur Umsetzung vorgesehen. Dazu gehören u. a. die „Optimierung der
- Havelpolder“ unter Beteiligung der Länder Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein,
- der „Flutungspolder Lenzer Wische“,
- die Nutzung der Tagebauseen an der Schwarzen Elster für den Hochwasserrückhalt als Maßnahmen an der Elbe
- sowie Flutungspolder in der Neuzeller und Ziltendorfer Niederung als Maßnahmen an der Oder.
Mit diesen Maßnahmen sollen insgesamt ca. 600 Millionen Kubikmeter Retentionsvolumen in Poldern sowie ca. 5.900 Hektar Flächen durch Deichrückverlegungen zur Hochwasserentlastung neu geschaffen bzw. genutzt werden.
Durch eine Flutung des 43 Millionen Kubikmeter Volumen fassenden Polders Lenzer Wische könnte der Hochwasserscheitel der Elbe bei einem Hochwasser wie in 2013 unterhalb um etwa 25 cm abgesenkt werden. Durch die Lage des Polders ganz im Nordwesten des Landes profitiert Brandenburg davon kaum, dafür jedoch die Unterlieger im Elbegebiet der Länder Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein (darunter die Städte Hitzacker, Neu Darchau, Boitzenburg und Lauenburg).
Eine Machbarkeitsstudie, in der die grundsätzliche Durchführbarkeit verschiedener Projektvarianten und ihr jeweiliges Potenzial zur Senkung des Hochwasserscheitels untersucht wurden, ist abgeschlossen.
Erste fachliche Abstimmungen mit Vertretern des Landkreises Prignitz und der Landnutzer haben bereits stattgefunden. Außerdem wurden in den vergangenen Monaten Gespräche mit Vertretern der von mir eben genannten Länder zur Umsetzung und Finanzierung des Projektes geführt.
Aktuell wird bis einschließlich 2021 mit Planungskosten von etwa 2 Mio. Euro gerechnet. 60 % der Kosten von NHWSP-Projekten werden vom Bund übernommen. Die verbleibenden 40 % entfallen auf die Länder. Im Sinne des dem NHWSP zugrunde liegenden Solidaritätsgedankens „Oberlieger schützt Unterlieger“ hat sich Brandenburg bereit erklärt, das Projekt federführend umzusetzen und seinen Beitrag zum paritätisch aufzuteilenden Länderanteil für die Planungskosten zu leisten. Mein Ministerkollege aus Schleswig-Holstein ließ sich leider nicht zu einer Kooperation in diesem Projekt bewegen.
Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern haben jedoch ihre Zustimmung in Aussicht gestellt. Eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung wird zurzeit erarbeitet und soll zu Beginn des kommenden Jahres unterzeichnet werden, damit die Planungen unverzüglich fortgesetzt werden können.
Ganz wichtig bei der Gewinnung von neuen Flächen zum Hochwasserrückhalt ist die Kooperationsbereitschaft der betroffenen Landeigentümer und -nutzer. Während die Unterlieger durch die Entlastung der Deiche eine höhere Sicherheit im Hochwasserfall bekommen, müssen die Landwirte vor Ort die Beeinträchtigungen einer Flutung bewältigen.
Das Land wird die Betroffenen jedoch nicht mit den Folgen allein lassen.
Bereits bei vergangenen Polderflutungen, z. B. im Havelgebiet, wurden die Landwirte umfassend entschädigt. Dies wird bei den geplanten neuen Poldern, auch in der Lenzer Wische, ebenso geschehen. Ein Regelungsvorschlag für Entschädigungsleistungen des Landes nach Polderflutungen wird in meinem Haus bereits vorbereitet und soll im kommenden Jahr mit den Landwirtschaftsverbänden abgestimmt werden.