Denn die Republik ist am letzten Augustwochenende mit einem furchtbaren Getöse aufgewacht aus ihrer heissen Sommerschläfrigkeit. In Chemnitz – bis zum Jahre 1990 Karl-Marx-Stadt – ist Randale, der braune Mob ist los.
Am Sonnabend, 1. September, gegen 19:00 Uhr flimmert über den Fernseher: Das Bündnis Pro-Chemnitz, Pegida und die AfD haben sich zu einer gemeinsamen Demo zusammengeschlossen. Rund 6000 marschierten am Abend zusammen. Was sich bislang geziert hatte, zeigt sich unverblümt zusammen. Es ist gleichgültig, wer zu wem gestoßen ist. Oder wer wen eingeladen hat.
Das Neuenhagener Bürgerbündnis für Vielfalt und Demokratie hatte vor Wochen am 1.September 2018 vor dem Bürgerhaus zur Demonstration gegen die AfD (die mit der frischen blauen Farbe aus der Werbung und dem Inhalt der ewig Gestrigen) gerufen. Alles lange angekündigt. Jetzt mit aktueller Brisanz! 400 Demonstranten zählten die Beobachter. Im Bürgerhaus versammelten sich rund 150 AfD-Anhänger. Übervater Gauland hatte abgesagt.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar!“ Landrat Gernot Schmidt aus Märkisch-Oderland brachte es am Morgen mit dem Hinweis auf Artikel 1 des Deutschen Grundgesetzesauf den Punkt.
Jörg Vogelsänger (Mitglied des Landtages und Minister in Brandenburg) betonte, dass die AfD in Neuenhagen nichts zu suchen habe. Er verwies auf den Lauf gegen Rassismus und für Toleranz, zu dem das Neuenhagener Einstein-Gymnasium jedes Jahr einlädt.
Er warnte auch vor einer Verharmlosung von NS-Verbrechen. Hintergrund: Eine Besuchergruppe aus dem Wahlkreis von AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel hatte unter anderem an der Existenz von Gaskammern gezweifelt. Die Führung durch die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen musste abgebrochen werden.
Die AfD erinnerte Jörg Vogelsänger schließlich an das Gewaltmonopol des Staates. Eine Demokratie werde sich nicht alles gefallen lassen und sich gegen jede radikale Bewegung durchsetzen, die sie zerstören möchte. „Eine Demokratie hat das Recht, sich gegen ihre Feinde zu Wehr zu setzen!“ (Siehe Ende der Weimarer Republik)
„Sie schüren nur Angst und Hass“, betonte Maria Kampermann, Juso-Chefin aus dem Landkreis Oder-Spree schließlich. Und wenn sie Politik machten, sei das nur für sich selbst. „Und der kleine Mann oder die kleine Frau und deren Sorgen, die sind ihnen scheißegal. Gehälter, soziale Sicherungssysteme, Altersversorgung? Interessiert die AfD alles nicht!“
Kurz nach 14:00 beendete das Neuenhagener Bündnis seine Gegendemo schließlich. Die Brandenburger Bereitschaftspolizisten räumten ihre Barrieren weg. An dieser Stelle: Dank an die Beamten für ihre Umsicht und ihre Geduld.
Fazit: Es wäre schön, wenn sich manche Probleme ähnlich locker auflösen würden. Aber wir werden mit ihnen leben müssen, diesen Gespenstern aus längst vergangenen geglaubten Zeiten. In der Runde der Protestierer kursierte ein kleiner Zettel, den sich die Neuenhagener SPD-Fraktionschefin im Gemeinderat sorgfältig aufgehoben hat: Die größte Gefahr im Leben ist, dass man zu vorsichtig wird! (Stammt von Alfred Adler). Schließlich sind wir das Volk (als Mehrheit). Das wird man ja wohl noch sagen dürfen! (Beobachtet von Hajo Guhl)